„Mama! Mir ist schlecht!“ (Juni 2015)

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Wer an dieser Stelle eine „Ich-bin-Mutter-eines-15-jährigen-Teenies-und-verzweifelt“ Erfahrungsbericht zu lesen, der irrt. Erstens , weil  es nicht so ist, zweitens , weil ich mein Kind niemals auf diese Weise bloßstellen würde. Es kommt allerdings schon aus der Richtung: „Mist- eine der zwanzig Mousejitos von gestern war schlecht.“.

Seit die beiden Rot(z)nasen ihre Liebe zur Natur entdeckt und Teile daraus zum Fressen gern haben, bleiben diese kulinarischen Experimente nicht immer folgenlos. Gut, die Folgen ihrer Zuneigung für Maus, Vogel, Eichhorn, Marder oder Biokuh, sind hinlänglich bekannt, immer gleich, persönlich sehr einschneidend und irgendwie auch ein Wendepunkt in deren Leben, ein Endgültiger. Bedauerlich, ganz bestimmt, aber ein liebesblindes Mutterherz tröstet sich, dass sie nach kurzer, schwerer Folterung aller Sorgen und Nöte entledigt wurden und das Letzte, das sie erblickten, ein rotes herzförmiges Leuchtenäschen war, bevor sie über einen roten Teppich am heiligen Zäpfchen, ins ewige Licht wandeln würden.

Die Folgen bei den zwei Gourmets sind oftmals Besuch von ungeliebten Freunden auf und in der Katze, aber auch mehr oder minder große Störungen im Magen- Darmtrakt. Auch hier sind die Unterschiede zwischen den Beiden sehr augenfällig. Nehmen wir mal Jake, mein großer, starker Held und versierter Jäger. Er geht mutig und neugierig voran, trotzt jeder Gefahr und lässt sich auch durch Regen und Sturm nicht beeindrucken. Er ist Mr. Coolcat.  Es sei denn Monsieur hat sich eine Grippe angefressen…. Wenn es Jake schlecht ist, kann er kaum laufen, eigentlich kann er nur von Mama und dann auch nur sehr, sehr vorsichtig getragen werden. Wenn es Jake schlecht ist, ist er apathisch, es sei denn Mama muss auch mal etwas anderes tun, als menschliches Sitzmöbel spielen. In diesem unwahrscheinlichen, aber möglichen Fall, kann er sein Leid mit lauter, tiefer Stimme! (normalerweise spricht er ausschließlich im hohen C mit uns, ähnelt der Synchronstimme von „Sergeant Hooks“ aus Police Academie), sprechen. Nicht so, wenn es Jake schlecht ist. Dann jammert er mit tiefen gutturalen Lauten und kann dabei kaum seine Augen aufhalten. Zwischendurch springt er, wie aus dem Nichts,  von der Tarantel gestochen, von der überraschten Mama, drückt sich auf den Boden, bäumt sich auf, reißt sein kleines Mäulchen soweit auf, dass sich die Mundwinkel fast am Hinterkopf berühren, seine bernsteinfarbenen Äuglein werden dunkel mit einem Stich ins Grün und zu Schlitzen, sein imposantes  Killerbesteck wird komplett entblößt und man hat, unfreiwillig, freie Sicht bis zum Enddarm. Er beginnt tief zu gurgeln und zu würgen, seine kleinen Flanken beben, er steigert sich in Lautstärke und Würgreizfrequenz. Dann endlich beugt er sich nach vorne über und in einem letzten rollenden Krampf reißt es sein zuckendes Köpfchen kurz nach hinten, schleudert es wieder nach vorn und entleert sich in einem tosenden „Thühhhh“ . Ein leises, trockenes „Thühhh“. Ohne den zu erwartenden Auswurf! Wenn man ihn dann fragend ansieht, zuckt er mit den Achseln, kriecht wieder lamentierend in Mama und ignoriert die feixenden Kommentare zu seinem Auftritt mit beleidigter, leidender Miene. Ebenso wie die Aufforderung, “Es doch einfach auszuspucken, damit es ihm besser gehe.“. Frechheit, als wenn DAS!!! so einfach wäre. Dieses Schauspiel zieht sich über einen halben Tag und eine Nacht, dann steht das abendliche Abbild der Leiden Christie am nächsten Morgen putzmunter mit Quitsche- King- of- Pop-Gedächtnis- Stimme auf der Matte und verlangt Essen und Mäusemagheritas! Genau in dieser Reihenfolge, bis zum Abwinken. Als gute Mama, erfülle ich dem vom Totenbett im letzten Moment Entsprungenen selbstredend seine Wünsche. Sehr froh, dass er es überlebt hat.

Ganz anders unser Ellmännchen. Ellmännchen, klein, zierlich, mit einem Köpfchen, das an ägyptische Grabmalereien erinnert, immer ein wenig vorsichtig, immer ein wenig verpeilt und ein mäßig guter Jäger. Elli hat, trotz fehlendem Resosanzkörper eine gut hörbare Stimme, die er unfassbar ondulieren kann. Jeder, auch der bedauerliche Tropf, der noch nie Katzenkontakt hatte, versteht was der kleine Despot ihm aufträgt. Er wird es erledigen und zwar ohne Fragen und umgehend. Der Zwerg ist nebenbei einfach unwiderstehlich, kann seinen Forderungen aber auch sehr gut Nachdruck verleihen mit den ihm zur Verfügung stehenden Werkzeugen. Heißt; Er flirtet, bettelt, schnurrt, gurrt, kratzt, beißt und spukt, wenn es dem schnelleren  Erreichen seines Ziels irgendwie nützt.  Ellmans Erfolgsquote in Bezug auf Jagd ist eher durchschnittlich.. Er genießt es, seine unfreiwilligen Kurzzeitfreunde zwangsweise zu bespaßen. Das Vergnügen ist hier sicherlich sehr einseitig. Leider sieht er sogar während dessen unfassbar possierlich aus.  Hat was von Steven Kings „Friedhof der Kuscheltiere“ –  „Oh oh, Ellwood will spielen…“

Nun Ellhelm hat trotz mäßiger Fangquote und seltenem Verzehr der gefledderten Rückenschwimmer auch Momente, wo ihm sein mörderisches Handwerk auf den Magen schlägt. Er zeigt diese Regung kaum,  isst brav sein Tellerchen leer, damit es auch morgen Mäuse regne, benimmt sich wenig auffällig, aber eine Mama kann man nicht täuschen. Eine Mama weiß, dass es ihren Kids schlecht geht, bevor Diese daselbst  auch nur ahnen. Vorgestern Abend, dank des immer gegenwärtigen und überall scannenden Mamaradars (die NSA ist ein Scheißdreck dagegen), waren alle vorgewarnt, dass es dem armen Zwerg „irgendwie“ nicht so gut sei. Alle schon im Bett, weil spät, stürzt das Ellibelli ins Schlafgemach. Radarmama richtet sich auf und alle Aufmerksamkeit auf den kleinen Kerl. „Elli?!!“ Der Angesprochene schaut mich mit großen Augen an, schluckt schwer, schaut wieder und verschwindet mit einem sehr glucksenden, kehligen „ Whladel Ladel Lha!“ unter unserem Bett. Ich hänge mich halb aus dem Bett, um kopfüber unter Demselben zu verschwinden. Derart verdreht und mit einem undurchdringlichen Haarvorhang vorm Gesicht, starre ich ins Dunkle. Nach kurzer Zeit erkenne Ellwoods Silhouette. Er sitzt sehr steif und aufrecht und beginnt zu würgen.. „NEIN!!!“ bricht es aus mir heraus. „Was ist „Nein“?! „ ertönt es aus dem Bett. Der beste Kerl entscheidet sich zu einem sehr späten Zeitpunkt ins Geschehen einzugreifen. „Nein Elli- nicht unterm Bett, komm Kleiner , komm zu Mama.“ „Was nicht unterm Bett?“ Ich quäle mich zurück an die Oberfläche und streiche unwirsch meine fusselige Mähne aus dem Gesicht. In diesem Moment, der für dusselige Fragen kein Zeitfenster offen hat, ertönt ein zweites Mal lautstark: „Whladelladellahh!“. Ich tauche wieder ab in die Unterwelt, schnauze dabei in Richtung Bettoberseite: „Kotzen!! Er soll nicht unter das Bett kotzen, Blödmannnnn!“ „Hast du gerade Blödmann zu mir gesagt?“- Ich hörte an der Stimme meines mir Zugetanen, dass er sich köstlich amüsierte über die nackte, halb im, halb unterm Bett hängende, um die eigene Achse verdrehte, sämtlichen physikalischen Gesetzen trotzende, bittende und bettelnde Blondine.  Zu spät. Elli richtet sich kurz auf und beginnt zu würgen: „Huaarrrghhh, Huaarrgh, Huaaarrrrghhhhh…“ . Dreimal, kurze Pause, dann beugt er sich nach vorn und entläd seine Tagesration an Essen plus diverse Mäusesnacks mit einem riesigen Schwall von stückigen, dampfenden Brei mit einem fluffigen Espuma von der Galle. Er schaut auf sein Werk, geht angewidert einen Schritt weiter und wiederholt das Schauspiel für diejenigen unter uns, die es noch immer nicht verstanden hatten. Im Türrahmen erscheint besorgt der beste aller Söhne: „Was ist mit Ellman?“ Unter dem Bett ertönt ein klägliches „Wlhladelaldela….“.  Der beste Sohn schaut fragend in die nun hellwache Runde von Zeugen des nächtlichen Kotzeramas.

„Nun ich denke, „Whladeladelah“ heißt „Boah, ich könnt im Kreis kotzen.“ – „ Und weißt du was?!!!- Er kann im Kreis kotzen. Und wie!!“  Eine halbe Stunde und eine Papierrolle später liegen wir alle wieder friedlich in unserem Bett. Die Katerkinder haben sich bei Mama eingepfötelt, da sind sie sich einig. Elli schläft, eingedreht in meine Haare, seinen Kopf auf meinem Hals geschmiegt, nachdem er eben noch amtlich abgeliefert hatte, tief und ruhig atmend neben seinem lang auf dem Rücken ausgestreckten Bruder. Tricky hat sich zum besten Kerl gekuschelt, wir liegen in der Mitte und um die Viecher herum drapiert. Beide, wie zwei Fragezeichen verkrümmt und lauschen glücklich ihren Atemzügen. Mit einem unendlichen Vertrauen auf den ewig wachenden Mamaradar, schnarchen alle zufrieden vor sich hin. Selbst beim besten Sohn nebenan herrscht friedliche Ruhe. „Unbezahlbar.“, denke ich, während mir langsam meine Beine und der linke Arm absterben.

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